Endnutzer-Förderung durch Informationsvermittler
- ein Erfahrungsbericht

 

Benjamin F. Bowman, Martinsried

 

 

Der entfesselte Endnutzer

 

Noch vor wenigen Jahren standen die meisten Wissenschaftler in der Forschung vor dem Problem, daß sie nicht ausreichend Zugang zu elektronischen Informationsquellen hatten. Der zunehmenden Publikationsflut waren Sie relativ hilflos ausgesetzt. Vielen war (und ist auch heute) der tatsächliche Umfang der Fachliteratur auf ihrem eigenen Gebiet gar nicht bewußt, da in ihren jeweiligen Bibliotheken natürlich nicht alle Primärquellen zur Verfügung stehen können. Häufig fehlten auch wichtige Sekundärquellen (wie z.B. Chemical Abstracts, Biological Abstracts, Index Medicus oder der Science Citation Index). Trotz der Weiterentwicklung großer wissenschaftlicher Indizes und Referatewerke von Regal füllenden gedruckten Bänden zu sehr leistungsfähigen Online-Datenbanken Mitte der sechziger Jahre und deren Verbreitung über internationale Datenbankanbieter, konnten diese Quellen über Jahrzehnte hinweg kaum in nennenswertem Umfang von den Wissenschaftlern (zumindest an den deutschen Hochschulen) verwendet werden. Da die Kenntnis der wichtigsten Fachinformationsquellen, einschließlich Einführungen in deren Benutzung, den Studierenden im Rahmen ihrer Ausbildung nur selten vermittelt wurden, wissen viele bis heute nichts von deren Existenz, geschweige denn von deren Wert. Die Nachfrage der Wissenschaftler nach einem direkten Zugriff auf diese Datenbanken ist deshalb eher selten, mit wenig Nachdruck und oft in Unkenntnis des weltweiten Angebots vorgebracht worden.

 

Vorwiegend aus finanziellen Gründen war der Zugriff auf Online-Datenbanken bisher einem kleinen Kreis von Spezialisten bzw. Informationsvermittlern vorbehalten. Sie verfügten über die notwendigen technischen, finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen und konnten sich intensiv in die effiziente Nutzung dieser jeweils sehr unterschiedlich strukturierten Quellen einarbeiten, um dann im Auftrag der Kunden Literaturrecherchen durchzuführen. Der Effizienz solcher vermittelter Recherchen sind jedoch in vielen Fällen von vornherein Grenzen gesetzt: bezüglich der Quantität, aber vor allem bezüglich der Qualität. Mangelhafter Kontakt zu den Benutzern und fehlende Fachkenntnisse sind die häufigsten Ursachen für unbefriedigende Ergebnisse. Die wenigen Wissenschaftler, die diese Dienste überhaupt in Anspruch genommen haben, konnten nie sicher sein, ob sie dem Ergebnis vertrauen durften oder nicht. Dies zumal die Recherchestrategie in der Regel nicht nachvollziehbar war und in vielen Fällen ihre Anwesenheit bei der Durchführung der Recherche nicht möglich bzw. sogar unerwünscht war. Eine Beurteilung der Effektivität der eingesetzten Mittel war für den Fragesteller nicht möglich. Unter diesen Umständen konnte sich eine breite Nutzung der vorhandenen Datenbanken kaum durchsetzen.

 

Seit der Einführung und Verbreitung von CD-ROM-basierten Datenbanken und insbesondere seit dem Siegeszug des Internets, hat sich die Situation der Benutzer innerhalb weniger Jahre grundlegend geändert. Heute ist nahezu jeder "online". Die Anzahl der, für den Benutzer verfügbaren Informationsquellen ist schier unendlich geworden. Außerdem ist die Nutzung vielfach kostenlos (abgesehen von den Leitungskosten, die den meisten Endnutzern in den Forschungszentren allerdings verborgen bleiben). Die explosionsartigen Entwicklungen der letzten Jahre bezüglich des größeren Angebots und der besseren technischen Zugriffsmöglichkeiten auf Texte, OPACs, Datenbanken und andere digitale Informationsresourcen haben dazu geführt, daß Recherchen durch den Endnutzer - zumindest in den Naturwissenschaften - inzwischen eine Selbstverständlichkeit geworden sind. In Anbetracht seiner früheren Situation ist die Begeisterung des Benutzers verständlich. Für ihn ist ein Traum in Erfüllung gegangen! Der direkte Zugang zu weltweiten Informationsquellen eröffnet dem Endnutzer Möglichkeiten, die er sich vorher nicht einmal vorstellen konnte.

"Disintermediation" und die Folgen

 

Die ständige Zunahme der verfügbaren Informationsquellen, die Faszination der Benutzer über den direkten Zugriff sowie die schlechten Erfahrungen mit den bisherigen Versorgungskonzepten sind derzeit willkommene Argumente für den Abbau von Personalstellen im Bereich Informationsvermittlung. Die bereits vor dem Zeitalter des Internets immer wieder diskutierte Frage bezüglich der Notwendigkeit von Informationsvermittlungsstellen scheint vielerorts nun endgültig zu deren Ungunsten entschieden worden zu sein. Ob diese Entwicklung allerdings für die Qualität der wissenschaftlichen Informationsversorgung und der darauf basierenden Forschung von Vorteil ist, wird zunehmend auch von den Wissenschaftlern selbst in Frage gestellt. Nach einer anfänglichen Phase der Begeisterung erkennt der Endnutzer allmählich, daß er nun vor dem Problem steht, wie er mit den vielen neuen Informationsresourcen umgehen soll. Welche Quellen liefern zuverlässige Daten? Wie findet er darin die für ihn relevanten und wichtigen Informationen? All das sind letztlich genau die Fragen, mit denen sich der Informationsvermittler bereits seit Jahrzehnten auseinandergesetzt und zu denen er wertvolle Erfahrungen gesammelt hat.

 

Die Endnutzer sind mit der Bewältigung des reichhaltigen Angebots im Internet oft überfordert und beschränken sich zunehmend auf möglichst kostenlose Informationsquellen, die sie im WWW selbst gefunden haben oder, die von anderen bereitgestellt wurden. Kostenpflichtige Literaturdatenbanken werden von den meisten gar nicht erst in Betracht gezogen. In Unkenntnis der oft komplexen Strukturen und Indexierungsmethoden können viele den potentiellen Nutzen dieser Datenbanken nicht richtig einschätzen, bzw. vielen ist der Zugriff darauf verwehrt oder nur sehr umständlich möglich. Viele Endnutzer (und auch etliche Entscheidungsträger) gehen davon aus, daß demnächst sowieso alle wissenschaftlichen Publikationen entweder von den Autoren direkt ins Netz gestellt, oder von den Verlagen im Volltext angeboten werden. Schon deshalb, glauben viele, sind Recherchen in Literaturdatenbanken bald nicht mehr notwendig. Derzeit gilt dies aber höchstens für wenige, sehr eng definierte Fachgebiete bzw. nur für das begrenzte Sortiment einiger Fachverlage.

 

Die Vision, daß bald alle wissenschaftlich relevanten WWW-Seiten mit einheitlichen Metadaten und Qualitätssiegel versehen werden und daß dadurch eine Recherche über diese Quellen präziser, vollständiger, und gleichzeitig wesentlich einfacher als eine Datenbankrecherche wird, ist zwar attraktiv, steht aber im Widerspruch zu bisherigen Erfahrungen. Richtig ist allerdings, daß es eine Fülle von nützlichen und oft unerwarteten Informationsquellen im WWW zu entdecken gibt, die in den Literaturdatenbanken nicht enthalten sind. Das WWW ist in der Tat zu einem wichtigen und unverzichtbaren Teil der Informationsversorgung in der Wissenschaft geworden - aber eben nur zu einem Teil. Im Interesse der Forschung darf der Endnutzer nicht übersehen, daß ihm der Zugang zu den meisten der weltweit publizierten Forschungsergebnisse, auch in absehbarer Zukunft nur über die professionell erstellten (und deshalb in der Regel kommerziellen) Literatur- und Faktendatenbanken geboten wird. Die Einbeziehung dieser Quellen muß deshalb für den Wissenschafter mindestens genauso selbstverständlich sein wie der Zugang zu kostenlosen WWW-Seiten.

 

Kriterien für die Qualität, Relevanz und Zuverlässigkeit der Suchergebnisse werden bei einer Recherche im WWW noch schmerzlich vermißt. Es werden zwar einerseits Regeln für die Erstellung und Vergabe von Metadaten für Dokumente im WWW heftig diskutiert, aber andererseits wird der hohe Wert der bereits seit Jahrzehnten in den großen Literaturdatenbanken verwendeten fachspezifischen Indexierung häufig nicht erkannt. Die Vorteile einer zuverlässigen Inhaltserschließung sind unbestritten, leider zeigt die Praxis aber, daß Endnutzer selten bereit sind, diese anspruchsvolleren Instrumente bei einer Recherche einzusetzen. So wie man die Indexierungsregeln einer Literaturdatenbank kennen muß, um effizienter recherchieren zu können, so wird in Zukunft auch die Kenntnis der jeweils relevanten Metadaten Voraussetzung für eine erfolgreiche Suche im WWW sein.

 

Bei der Auswahl und effizienten Nutzung des unüberschaubaren Angebots im Internet wird Hilfe von "intelligent agents" erhofft. Diese sollen, im Auftrag des Benutzers, die jeweils relevanten Informationen aus verteilten Informationssystemen zuverlässig finden und präsentieren. Vielerorts werden weitere nützliche Aufgaben für solche Agenten diskutiert und erprobt (z.B. auch im Rahmen des "GLOBAL-INFO" Förderprogramm des BMBF). Auffallend für den Fachmann ist, daß fast alle diese Funktionen schon lange zum Leistungskatalog jeder effizienten Informationsvermittlungsstelle gehören. Trotz aller berechtigten Begeisterung für das neue Medium Internet und der Faszination für Werkzeuge, die einem die Arbeit erleichtern könnten, darf nicht übersehen werden, daß eine kompetente Beratung und fachlich qualifizierte Recherchen weiterhin entscheidend für die Qualität der Informationsversorgung in der Forschung sein werden. Die besonderen Kenntnisse und einschlägigen Erfahrungen, die seit vielen Jahren in Informationsvermittlungsstellen gesammelt wurden, sollten unter Berufung auf ein Endnutzerkonzept nicht leichtfertig abgebaut, sondern sollten bewußt zur Förderung und Unterstützung des Endnutzerkonzepts eingesetzt werden. Für die wissenschaftliche Informationsversorgung in der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) hat sich diese Vorgehensweise bewährt.

Endnutzer-Förderung durch Informationsvermittler

 

Die zentrale Informationsvermittlungsstelle für die Biologisch-Medizinische Sektion der MPG (IVS-BM) am MPI für Biochemie in Martinsried sorgt seit zwei Jahrzehnten dafür, daß sich die ca. 3500 Wissenschaftler in den derzeit 36 Forschungseinrichtungen der BM-Sektion jederzeit schnell und gezielt über den Stand der Forschung auf ihrem Gebiet erkundigen können. Die Gruppe besteht aus fünf Mitarbeiter/innen. Jeder der drei wissenschaftlichen Mitarbeiter ist Ansprechpartner und Betreuer für bestimmte Institute oder Forschungsstellen, die über ganz Deutschland verteilt sind. Bei regelmäßigen Besuchen in den betreuten Einrichtungen finden intensive Einzelgespräche mit Wissenschaftlern aus fast allen Arbeitsgruppen statt. Dabei werden neue Suchstrategien besprochen und bestehende Profildienste optimiert. Außerdem können weitergehende Fragen oder Probleme im Zusammenhang mit Informationsversorgung diskutiert werden. Im Laufe der Jahre hat sich dadurch ein enger Kontakt zu den betreuten Kollegen/innen ergeben, der ganz wesentlich zum Verständnis für deren Arbeitsthemen und deren Informationsbedarf beigetragen, und somit auch die Qualität von deren Versorgung sichergestellt hat.

 

Grundlage der Informationsversorgung in der BM-Sektion ist unser seit über zwanzig Jahren angebotener, wöchentlicher Literaturdienst ("ASCA"). Ausgehend von den Angaben der Wissenschaftler erstellen wir individuell gestaltete, themenspezifische, zum Teil sehr umfangreiche Suchprofile. Mit Hilfe eines vom Rechenzentrums des MPI für Biochemie entwickelten Programms werden die von uns abonnierten wöchentlichen SciSearch Daten (Science Citation Index Expanded, source data with abstracts) des Institute for Scientific Information (ISI) jede Woche mit unseren derzeit ca. 1100 erstellten Suchprofilen verglichen. Die gefundenen Literaturhinweise werden dann umgehend an die Adressaten in den Instituten der BM-Sektion weitergeleitet (in der Regel als e-mail).

 

Für umfassende retrospektive Recherchen greifen die Mitarbeiter der IVS-BM auf zahlreiche Online-Datenbanken bei Anbietern wie DIMDI, STN usw. zurück. Seit 1979 wurden mehr als 10.000, überwiegend anspruchsvolle Datenbankrecherchen von uns durchgeführt, immer mit der Beteiligung von oder ständiger Rücksprache mit dem Fragesteller. Gründliche Datenbankkenntnisse und der enge Kontakt zu den wissenschaftlichen Kollegen ermöglichen sowohl zuverlässige Recherchen, als auch eine kompetente Beratung derer, die die Datenbanken selbst nutzen wollen. Es ist für uns selbstverständlich, daß Wissenschaftler zusätzlich zu der Möglichkeit einer vermittelten Expertenrecherche auch die Option des Selbstrecherchierens haben müssen [1, 2, 3]. Allerdings sollte sichergestellt werden, daß die Bedingungen für eigene Recherchen optimal sind, damit auch möglichst gute Ergebnisse von dem Endnutzer erzielt werden können.

 

Um dieses Ziel zu erreichen, wurde 1995 ein MPG-weites Informationssystem eingerichtet, das jedem Mitarbeiter den direkten Zugriff auf eine Reihe wichtiger Datenbanken unter einer einheitlichen Benutzeroberfläche erlaubt. Als Partner für dieses Projekt hat die IVS-BM die Firma Ovid Technologies, USA empfohlen. Auf Grund unserer Vergleiche verschiedener CD-ROM Produkte und mit unserer Kenntnis der entsprechenden Online-Angebote, sind wir zu dem Schluß gekommen, daß die Ovid Benutzeroberfläche sowohl erfahrenen als auch weniger erfahrenen Endnutzern wesentlich bessere Suchmöglichkeiten erlaubt als vergleichbare Anbieter derselben Datenbanken. Damals war Ovid in Deutschland noch nahezu unbekannt, obwohl es bereits an über 200 renommierten US-Universitäten mit großem Erfolg eingesetzt wurde. Für uns war dies ein weiteres wichtiges Kriterium, da wir den Wissenschaftlern in der MPG einen vergleichbar hohen Standard der Informationsversorgung bieten wollten, wie den, den sie von ihren Forschungsaufenthalten in den USA kannten.

 

Besonders attraktiv für den Einsatz in der MPG war die von Ovid angebotene UNIX-basierte Netzwerk Lösung (mit Client/Server Architektur, Datenbanken auf Festplatte statt auf CD-ROM, Zugriffsmöglichkeiten über telnet, Z39.50 windows-client, Web-Gateway bzw. einem Java-Client). Mit ihr konnte allen Wissenschaftlern der MPG ein plattformunabhängiger aber trotzdem einheitlich gestalteter Zugang zu wichtigen Literaturdatenbanken zur Verfügung gestellt werden. Während einer sechsmonatlichen Erprobungsphase wurden die Datenbanken Current Contents/all editions, MEDLINE, und BIOSIS-Previews auf einem zentralen Server bei der GWDG (Gesellschaft für Wissenschaftliche Datenverarbeitung in Göttingen) unter der Ovid Benutzeroberfläche allen Forschungseinrichtungen der MPG angeboten [4, 5].

 

Das Angebot mußte auf Anhieb überzeugend sein, da die Institute sich freiwillig bereit erklären mußten, die anteiligen Kosten für das Projekt zu übernehmen. Ohne die Bereitschaft der Mehrheit der Institute sich finanziell zu beteiligen, hätte es keine Chance für die Verwirklichung dieses einheitlichen Versorgungskonzepts gegeben. Mit Einführungsveranstaltungen an verschiedenen Orten wurden nicht nur die neuen Zugriffsmöglichkeiten erläutert und demonstriert, sondern auch den Endnutzern bisher fehlende Grundkenntnisse der angebotenen Datenbanken vermittelt. Die Qualität der angebotenen Datenbanken, die benutzerfreundliche Oberfläche sowie der schnelle und bequeme Zugang unabhängig von Rechner und Standort, haben die Endnutzer in der MPG schnell überzeugt. Die in einigen Instituten bereits vorhandenen unterschiedlichen CD-ROM-Versionen der gleichen Datenbanken wurden weitgehend zu Gunsten des zentralen Angebots abbestellt - selbst dann, wenn dem Institut dafür höhere Kosten als bisher entstanden.

 

Neben den derzeit vorhandenen 12 Datenbanken externer Hersteller stehen den Endnutzern in der MPG weitere 6 interne Datenbanken und OPACs verschiedener Max-Planck-Institute auf dem MPG/Ovid Datenbank Server ebenfalls zur Verfügung. Diese attraktive Möglichkeit der Integration eigener Datenbestände unter einer einheitlichen Benutzeroberfläche, war ein weiterer Gesichtspunkt bei der Auswahl eines geeigneten Datenbanksystems für Endnutzerrecherchen [6].

 

Die weiterhin steigende Zahl der Datenbankzugriffe (derzeit ca. 800 pro Tag) und die durchwegs positive Beurteilung der Qualität zeigen, daß die Endnutzer in der MPG (insbesondere in der Bio.-Med.-Sektion) mit diesem Angebot sehr zufrieden sind. Mitentscheidend für die Qualität und damit auch für den Erfolg war die aktive Einbindung der IVS-BM bei der Planung, Einführung und laufenden Betreuung des Projekts. Hier kamen den Endnutzern, die seit vielen Jahren und aus dem engem Kontakt gewonnenen Erfahrungen und Kenntnisse der Informationsvermittler zugute. In dem Ausmaß wie die Nachfragen für vermittelte Datenbankrecherchen zurückgegangen sind (1994: 973; 1997: 353) haben die an uns gerichteten Anfragen der Endnutzer wegen Beratung und Unterstützung bei ihren eigenen Recherchen zugenommen.

 

Wir sehen unsere Aufgabe in der Unterstützung unserer Wissenschaftler in allen Fragen der Informationsversorgung - auch bei der Weiterverarbeitung von Rechercheergebnissen. Vielfach sollen die bei einer Literaturrecherche gefundenen bibliographischen Angaben in eigene Referenzdatenbanken aufgenommen werden. In einer bei uns durchgeführten Diplomarbeit [7] wurden verschiedene kommerzielle Produkte verglichen und bezüglich ihrer Eignung für Anwender in der MPG bewertet. Das Angebot der Informationsvermittlung konnte dadurch um Einführungen und Beratungen zum Einsatz der zwei ausgewählten Produkte erweitert werden. Von den Endnutzern in der MPG wird diese Unterstützung besonders gerne und intensiv in Anspruch genommen.

Fazit und Ausblick

 

Ein Endnutzerkonzept, das lediglich auf die Bereitstellung der technischen Mittel zielt, kann die Qualität der Informationsversorgung auf die Dauer nicht sicherstellen. Besonders in der Forschung stellt die aktive Beteiligung von fachlich qualifizierten und erfahrenen Informationsvermittlern bzw. Fachinformationsbeauftragten einen erheblichen Vorteil für den Endnutzer dar. Wenn Kundennähe, Serviceeinstellung und persönliches Engagement ebenfalls vorhanden sind, wird die Beratung und Unterstützung auch gerne in Anspruch genommen [8, 9, 10].

 

Die Zunahme der Endnutzer in der Forschung führt also eher zu einem Mehrbedarf an Informationsvermittlern. Hier ergäben sich Chancen oder Alternativen für interessierte Wissenschaftler/innen, die gerne ihre Kollegen bei der effizienteren Nutzung des weltweiten Angebots an Informationsresourcen unterstützen möchten. In der Zusammenarbeit mit Verantwortlichen aus den Bereichen Bibliothek und Datenverarbeitung könnten sie dazu beitragen, daß das Angebot stets dem wissenschaftlichen Bedarf des Endnutzers optimal angepaßt bleibt.

 

An den deutschen Hochschulen ist eine studiumbegleitende Ausbildung zur besseren Kenntnis und zum richtigen Einsatz der jeweils relevanten Fachinformationsquellen dringend erforderlich. Nur so läßt sich das häufig noch geringe Bewußtsein für den Nutzen dieser Mittel in der Forschung erhöhen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, daß auch die wichtigsten kommerziellen Datenbanken von der Hochschule zur Verfügung gestellt werden können. Nur der informierte Endnutzer kann seinen wirklichen Bedarf gegenüber seinem "information provider" präzise artikulieren und begründen.

 

Die Förderprogramme zur dezentralen Nutzung von Fachinformation sind sehr begrüßenswert, sie dürfen aber nicht zum gleichzeitigen Abbau und Verlust des bereits vorhandenen Expertenwissens in den zentralen Informationsvermittlungsstellen führen. In einer vom BMBF beauftragten Studie [11] zum Thema "Modernes Informationsmanagement in deutschen Forschungseinrichtungen" heißt es: "Die Erfahrungen zeigen dabei, daß dezentrale Strukturen zentrale Kapazitäten nicht ersetzen können. Aufgaben wie die Organisation der Informationsversorgung, die Sicherung und Weiterentwicklung von Know-how in Sachen Informationsquellen und Informationsmanagement, Schulung und Fortbildung der Endnutzer, usw. können i.d.R. besser über geeignete zentrale Stellen wahrgenommen werden."

 

Unsere Informationsvermittlungsstelle wird sich auch weiterhin aktiv an der Förderung der Endnutzer beteiligen: durch Seminare und Kurse, durch die Bereitstellung von Informationen, bei der Erprobung und Auswahl weiterer Datenbanken, sowie bei der Planung und Mitgestaltung eines umfassenden Informationsversorgungskonzepts für die Wissenschaftler der MPG.

Literaturverzeichnis:

 

[1] Bowman, B. F. (1989)   Selbstrecherchieren - Pro und Kontra. Erfahrungen mit Wissenschaftlern und mit Literaturdatenbanken. Nachrichten für Dokumentation 40: 77-82.

 

[2] Lankenau, K. (1989)   Informationsvermittlung oder Informationsermittlung. ABI-Technik 9(4): 275-282.

 

[3] Herget, J. und S. Hensler (1996)   Auf der Suche nach dem Endnutzer. Nachrichten für Dokumentation 47(1): 15-24.

 

[4] Bowman, B.F. (1996)   Informationsvermittlung in der Max-Planck-Gesellschaft - neue Herausforderungen, neue Strategien, neue Aufgaben. In: Die Informationsvermittlungsstelle im Wandel: 19. Internationales Kolloquium über Information und Dokumentation, April 1996, Oberhof/Thür., Deutsche Gesellschaft für Dokumentation, Frankfurt/Main, S. 135-153.

 

[5] Bowman, B.F. (1996)   Providing Database Services in a Nationwide Research Organization - Coexistence of Traditional Information Services and a Modern CD-ROM/Online Hybrid Solution. In: Online Information 96: 20th International Online Information Meeting Proceedings, London, 3-5 December 1996, Learned Information Europe, Oxford, pp. 231-235.

 

[6] Steigemann, W. (1997)   Implementierung institutseigener Datenbanken im OVID-Server. In: 13. DV-Treffen der Max-Planck-Institute, 21.-22. November 1996 in Göttingen, H. Koke, E. Ziegler (Hrsg.), GWDG-Bericht Nr. 45, Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung mbH Göttingen, S. 57-64.

 

[7] Diening, A. (1993)   Vergleichende Untersuchung ausgewählter bibliographischer Literaturverwaltungssysteme als Grundlage einer Erweiterung des Dienstleistungsangebotes der Informationsvermittlungsstelle der Biologisch-Medizinischen Sektion der Max-Planck-Gesellschaft. Diplomarbeit im Diplomaufbaustudiengang Informationswissenschaft an der Universität Konstanz.

 

[8] O´Leary, M. (1993)   New Roles For Information Searchers (Editorial). Online, May 1993, 10-11.

 

[9] Bowman, B. F. (1994)   Konzepte zur Qualitätssicherung - Aus der Praxis einer Informationsvermittlungsstelle. Cogito 10: 30-32.

 

[10] Schumacher, D. (1998)   Zum Untergang abendländischer Informationskultur durch das Internet. Nfd Information - Wissenschaft und Praxis 49(1): 31-34.

 

[11] - (1996)   Modernes Informationsmanagement in deutschen Forschungseinrichtungen - Ein Leitfaden. SCIENTIFIC CONSULTING Dr. Schulte-Hillen GmbH.