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Abstract:
Die prominente “Action vs. Perception” Hypothese von Milner Goodale (1995) nimmt an, daß visuelle Information für die Zwecke von Wahrnehmung und Handlung unterschiedlich
verarbeitet wird. Als starke Evidenz wurden bisher Befunde an optischen Täuschungen gewertet. So berichteten zum Beispiel Aglioti, DeSouza Goodale (1995), daß Greifen durch optische Täuschungen kaum beeinflußt werde. Im Gegensatz zu diesen Befunden hatten wir einen Einfluß der Ebbinghaus / Titchener Illusion sowohl auf die
Wahrnehmung als auch auf die Greifmotorik gezeigt. In dem vorliegenden Experiment wurde untersucht, inwieweit dies ebenfalls auf die Müller-Lyer Täuschung zutrifft.
Zwölf Versuchspersonen (VPn) wurden Plastikstäbchen (40, 43, 46 und 49 mm lang, 5 mm breit) auf der Oberfläche eines flach liegenden Bildschirmes dargeboten. Auf dem
Bildschirm wurden entweder nach außen oder nach innen gerichtete Pfeilspitzen gezeigt, so daß sich aus Stäbchen und Pfeilspitzen die Müller-Lyer Täuschung ergab. Die VPn
griffen die Stäbchen und die maximale Handöffnung vor Berührung der Stäbchen wurde mittels eines Optotrak (TM) Systems ermittelt. In einer zweiten Aufgabe wurde der Einfluß der Illusion auf die Wahrnehmung mittels eines Herstellungsverfahrens ermittelt.
Die Ergebnisse zeigen starke Einflüsse der Illusion sowohl auf die Wahrnehmung (2.1 +/ - 0.3 mm) als auch auf das Greifen (3.5 +/- 0.5 mm). Dieses Ergebnis widerspricht der Auffassung, daß das Greifen nur in geringem Maße
visuellen Illusionen unterliege. Interessanterweise ist in unserem Experiment der Einfluß auf das Greifen sogar größer als auf die Wahrnehmung.